Die Zeiten sind wirklich verrückt. Noch vor ein paar Wochen haben wir uns in Clubs zum Feiern getroffen, haben Konzerte besucht, mit unseren Bandkollegen für Auftritte geprobt oder uns zu gemeinsamen Jam-Sessions verabredet – all das ist heute undenkbar.
Der Corona-Virus hat uns fest im Griff. Ausgangsbeschränkungen und Zwangsschließungen zwingen uns dazu, zuhause zu bleiben. Und doch scheinen die Menschen gerade ein ganz neues Verständnis für den Wert von Musik zu entwickeln.
Auch wenn ich hoffe, dass sich die Lage in Kürze wieder etwas entspannt, so befürchte ich im Moment eher das Gegenteil. Während wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln gegen den neuartigen, tödlichen Virus kämpfen, sind es vor allem die sozialen Kontakte, die wir in diesen Tagen so schmerzlich vermissen.
Und dabei haben wir es noch gut. Uns stehen alle technischen Mittel zur Verfügung, um auch bei Ausgangssperre und Quarantäne weiterhin Kontakt zu halten und wir sind über das Internet überall auf der Welt miteinander vernetzt. In vielen Fällen können wir sogar ganz normal weiter arbeiten – nur eben von zuhause aus.
Kreativ in Krisenzeiten
Und doch fehlen uns Musikern die Clubs, Konzerte oder auch Messen, wie z. B. die Musikmesse. Wie sehr, zeigen die vielen spontanen Aktionen überall auf der Welt. Von Verabredungen zu vielerorts beeindruckenden Balkonkonzerten in den Nachbarschaften bis hin zu spontanen Live-Streams von Künstlern, die von zuhause aus ihre Musik in die ganze Welt übertragen. All das zeigt eindrucksvoll, wie wichtig Musik für die Menschen ist. Ja, vielleicht sogar unverzichtbar in Krisenzeiten. Auch die Musikbranche insgesamt hat sich schnell auf die geänderten Bedingungen eingestellt. Hersteller von Musik-Equipment helfen Künstlern bei der Organisation von Streaming-Konzerten, Musikschulen unterrichten weiter über Skype und gefühlt werden gerade so viele tolle Plug-ins im Preis reduziert oder gar verschenkt wie nie zuvor. All das sind gute Signale, die zeigen, dass Musikindustrie und Musikschaffende auch in Krisenzeiten fest zusammenhalten. Dennoch, und da müssen wir uns nichts vormachen, stellt die aktuelle Pandemie viele Künstler und Berufsgruppen der Musikbranche vor extrem große Herausforderungen. Egal ob der Betreiber eines kleinen Clubs, Veranstaltungstechniker oder Resident-DJ – für viele geht es gerade um nicht weniger als die eigene berufliche Existenz. Zwar hat die Bundesregierung auch hierfür Hilfspakete geschnürt und auch GEMA und Künstlersozialkasse haben ungewöhnlich schnell reagiert und ihre Kostenstrukturen der aktuellen Lage angepasst. Aber inwieweit diese Maßnahmen zum Überleben reichen, wird sich erst noch zeigen müssen.
Gegen den Lagerkoller
Sicher ist, auch wenn der Spuk irgendwann vorbei ist, werden wir die Auswirkungen der Krise noch lange spüren. Bis dahin sollten wir vor allem Ruhe bewahren und die ungewöhnliche Zeit auch positiv für uns nutzen – auch wenn das manchmal schwer vorstellbar erscheint. Vielleicht spielt der eine oder andere ja schon länger mit dem Gedanken, sich beruflich zu verändern? Liegt die Veröffentlichung des eigenen Albums schon seit Monaten auf Eis, wegen Zeitmangel? Die Social Media-Präsenz der Band hatte bisher nur geringe Priorität? Für diese und bestimmt noch viele andere Dinge ist der Zeitpunkt gar nicht mal so ungünstig. Ich jedenfalls mache im Moment so viel Musik wie schon lange nicht mehr. Ich probiere neue Plug-ins aus, beende nach und nach meine unfertigen Songs und nutze die etwas ruhigere Zeit sogar ein wenig zur Entschleunigung …
Die komplette Kolumne, Tipps zu allen staatlichen Hilfen für Musiker während der Corona-Krise und weitere Artikel gibt’s in KEYS-Ausgabe 05/20
Wie erlebt Ihr Musik (machen) in Zeiten von Corona? Ich freue mich eure auf Kommentare!